„Das kann ich besser“

Bürgermeisterkandidat Henning Bökamp will Bad Oeynhausen zukunftsfähig machen.

Bad Oeynhausen  (WB). Fünf Kandidaten gehen bei der Bürgermeisterwahl am Sonntag, 13. September, in Bad Oeynhausen ins Rennen. Das WESTFALEN-BLATT stellt die einzelnen Bewerber vor. Im zweiten Teil des Kandidatenchecks stellt sich Henning Bökamp (FDP) den Fragen von Redakteur Malte Samtenschnieder.

In den vergangenen fünf Jahren ist die FDP mit gerade einmal einem Mitglied im Stadtrat vertreten gewesen. Ist es vor diesem Hintergrund nicht utopisch, dass Sie als Liberaler jetzt Bürgermeister von Bad Oeynhausen werden wollen?

Henning Bökamp: Ich habe in der Vergangenheit als Gast viele Ausschuss- und Ratssitzungen verfolgt. Dabei habe ich den Eindruck gewonnen, dass man vieles besser machen könnte. Um etwas zu bewirken, reicht es aber meist nicht aus, sich ehrenamtlich zu engagieren. Denn dann wird man oft nicht ernst genommen. Das hat dazu geführt, dass ich mich für eine Kandidatur für den Stadtrat entschieden habe. Ich möchte selbst zu einer konstruktiveren Sacharbeit beitragen.

Und wie wurde aus einer Ratskandidatur eine zusätzliche Bürgermeisterkandidatur?

Bökamp: Ulrich Kreft hat die FDP Bad Oeynhausen vor drei Jahren wie ein Start-up neu aus der Taufe gehoben. Seitdem hat sich eine gut durchmischte Truppe zusammengefunden. Alle brennen dafür, etwas zu verändern. Auch ich. Ich sehe mich aber nicht in erster Linie als ein Politiker, sondern als ein Moderator. Um die Abläufe in der Stadtverwaltung zu managen, habe ich mir in den vergangenen 15 Jahren als Architekt die nötigen Techniken angeeignet. Ich sage nicht, dass Achim Wilmsmeier bisher alles falsch gemacht hat. Er hat aber aus meiner Sicht bei einigen Projekten den Faden verloren. Das kann ich besser.

Können Sie beispielhaft einige Projekte benennen?

Bökamp: Ganz klar Chefsache war das Projekt Kurstadt. Hier hat Achim Wilmsmeier zur Erarbeitung eines Tourismuskonzepts einen Runden Tisch einberufen. Dabei hat er einen grundlegenden Fehler gemacht, indem er Leute, die eigentlich dazu gehört hätten, nicht eingeladen hat. Ein weiteres Problem war die Kommunikation. Zwischenergebnisse wurden gar nicht mitgeteilt. Stattdessen gab es nach zwei Jahren ein Pamphlet, das öffentlich vorgestellt wurde. Da fragt man sich: Wo war denn die Bürgerbeteiligung bei der ganzen Sache? Dieses Vorgehen hat ja dann zu Recht auch zu einem Eklat geführt. So funktioniert Kommunikation nicht. Und so funktioniert Stadtentwicklung nicht. Das Tourismuskonzept ist für mich auf breiter Linie gescheitert.

Beziehen Sie da auch den Solegarten mit ein, der als eine zentrale Maßnahme des Tourismuskonzepts gilt?

Bökamp: Der Solegarten ist so, wie er vorgestellt worden ist, nicht realisierbar. Wenn man das Heilwasser aus dem Humboldt-Sprudel, wie vorgeschlagen, über einen Stein laufen lässt, hat man ziemlich schnell eine braune Brühe. Ich könnte mir dort alternativ offene Wannenbäder vorstellen. Damit hätten wir – wahrscheinlich europaweit – ein Alleinstellungsmerkmal. Eine Sanierung des Gradierwerks am bisherigen Standort beziehungsweise ein Neubau an anderer Stelle ist für mich auch nicht alternativlos. Im Gegenteil. In Bad Salzuflen, in direkter Nachbarschaft, gibt es auch ein Gradierwerk. Bad Oeynhausen könnte deshalb – aus meiner Sicht – sogar ganz darauf verzichten.

Gibt es weitere gescheiterte Projekte?

Bökamp: Ein weiteres Beispiel ist das Hallenbad. Darüber reden wir seit 15 Jahren. Fakt ist, dass es eine Grundlagenermittlung gab, die besagt, dass es ein Ersatzbau für das Hallenbad in Rehme ist. Vorgesehen war ein Budget von 7,5 Millionen Euro. Zwei Monate später waren es schon neun Millionen Euro. Dann hörte man weitere sieben Monate nichts. Und schließlich hatte man innerhalb von nur drei Tagen ein Hallenbad für mehr als 20 Millionen Euro. Das kann ich so nicht nachvollziehen. Für mich wird das neue Hallenbad mit einem renovierten Freibad zu einem Leuchtturmprojekt, das nicht leuchtet. Denn ein Leuchtturmprojekt strahlt in andere Bereiche. Wir müssen aber den Vereins- und den Schulsport über das neue Hallenbad abwickeln. Das bedeutet eine Auslastung von etwa 80 Prozent. Dann bleibt nicht viel Kapazität für andere. Und gleichzeitig wird auch die Freibadfläche um zwei Drittel reduziert. Das ist aus meiner Sicht eine schlechte Projektplanung. Seit Mitte März hat auch Bad Oeynhausen unter den Folgen der Corona-Pandemie zu leiden.

Wie würden Sie als Bürgermeister damit umgehen?

Bökamp: Ich hätte zum Beispiel unterbunden, dass nach der Wiederöffnung der Außengastronomie in der Innenstadt mit dem Maßband nachgeprüft wurde, ob die Tische wirklich weit genug auseinander stehen. Stattdessen hätte ich versucht, ein Budget aufzulegen, um den gebeutelten Einzelhandel zu entlasten. Die Stadt hätte zum Beispiel für einen begrenzten Zeitraum von drei Monaten die Hälfte der Mietzahlungen übernehmen können.

Welche weiteren Maßnahmen sehen Sie, um die Fußgängerzone neu zu beleben?

Bökamp: Leider haben wir keine starke Einzelhandelsgemeinschaft mehr. Deshalb muss sich die Stadt stärker engagieren. Nehmen Sie beispielsweise die Blue Night. Dieses Konzept ist gescheitert, weil die Einzelhändler nicht in der Lage waren, einen gewissen Geldbetrag dafür beizusteuern. Hier muss aus meiner Sicht die Stadt eingreifen und sagen, welche Feste an welcher Stelle stattfinden sollen. Zuständigkeiten – auch zwischen Stadt und Staatsbad – müssen zudem in diesem Kontext klar geregelt werden. Lassen Sie uns nun den Blick von der Innenstadt auf die Mindener Straße/Kanalstraße richten.

Wie beurteilen Sie die aktuellen Pläne für den Rückbau der Ortsdurchfahrt?

Bökamp: Der Rückbau der Mindener Straße/Kanalstraße ist für mich Ideologiepolitik. Der Planungsstand ist, dass wir auf dem Stück zwei Kreisel bekommen. Gleichzeitig sollen aber diverse Dinge angebunden werden: Es gibt Pläne für ein neues Medizinzentrum am Hockeyplatz. Dann haben wir den neuen Freibad-Hallenbad-Standort im Siel. Und irgendwann ist hoffentlich wieder Einkaufen in der Innenstadt in einem Edeka-Markt auf dem Fuhrken-Gelände möglich. Soweit so gut. Auf der anderen Seite soll auf der Ortsdurchfahrt ein Radschnellweg entstehen. Doch was bedeutet das? Sämtlicher motorisierter Verkehr müsste dann künftig an den Kreiseln stoppen, um den Fahrradverkehr vorbei zu lassen?!? Das lässt sich aus meiner Sicht nicht umsetzen. Schauen Sie nach Rehme. Der Stadtteil wird im Flächennutzungsplan als Gewerbe- und Industriegebiet ausgewiesen. Das bringt ebenfalls ein gewisses Verkehrsaufkommen mit sich. Sollen wir das dann künftig auf eine Straße leiten, die vorrangig als Wohnstraße angelegt ist? Aus meiner Sicht würde das zu neuen Stauszenarien führen. Deshalb bin ich gegen den Rückbau.

Die Corona-Krise hat insbesondere im Schulbereich offenbart, dass dort in puncto Digitalisierung vieles verbesserungswürdig ist. Wie würden Sie vorgehen, um Abhilfe zu schaffen?

Bökamp: Das ist eigentlich das wichtigste Thema. Für alle Parteien. Das hat nichts mit Wahlprogrammen zu tun. Wir hatten als FDP Bad Oeynhausen Kontakt zu einem Gymnasium in Harsewinkel und haben dort gesehen, was derzeit im digitalen Bereich möglich ist. Außerdem haben wir uns die Berufsschule in Minden angeschaut. Dort gibt es auch ein Cluster, das gut funktioniert. Das kann uns als Vorbild für Bad Oeynhausen dienen. Ich weiß, dass wir aus Düsseldorf 300.000 Euro für die Anschaffung von Hardware an den Schulen bekommen werden. Das heißt, es können Geräte gekauft werden. Wir haben aber ein ganz anderes Problem. Uns fehlt Know-how, wie digitale Schule funktioniert. Das muss sich im Austausch zwischen Verwaltung und Schulen schleunigst ändern.

Heißt das, Bildung würde nach Ihrer Wahl zum Bürgermeister zur Chefsache?

Bökamp: Auf jeden Fall. Ich habe mit vielen Unternehmern in Bad Oeynhausen gesprochen und sie gefragt, was sie vom nächsten Bürgermeister erwarten. Ich habe immer wieder die Antwort „Bildung, Bildung, Bildung“ bekommen. Das nehme ich ernst. Ich bin kein Bürgermeister nur für den Kurpark. Mein Ziel ist es, junge Fachkräfte in der Stadt zu halten.